Ein sehr gut organisierter und markierter Lauf, mit tollen landschaftlichen Ausblicken. Bis auf ein paar Ausnahmen auch nicht all zu technisch und in weiten Teilen gut laufbar. Die Verpflegungsstellen und die Helfer sind spitze und super hilfsbereit.

Persenk Ultra 2018

Bericht: Holger
Bilder: Persenk Ultra / privat

Bulgarien, ein Land, von dem ich bis dato nicht viel wusste, außer dass es einen “Goldstrand” hat und das ärmste Land der EU sein soll. Ich wollte es aber kennenlernen. Und so führte die Laufleidenschaft meine Ina und mich wiederholt in eine uns fremde Kultur und wir wurden mehr als positiv überrascht.

Unsere Reise begann dieses mal so ganz anders als sonst. Weder hatten wir uns mit Land, Leuten und Kultur noch mit einem Reiseführer auseinandergesetzt, obwohl die Reise weit im Voraus geplant war, überlagerten andere Dinge und vor allem das Training für diesen Extremlauf unsere Gedanken. Ja – wir stolperten regelrecht in das Abenteuer “Ultratrail Persenk” nach Bulgarien.
Was hatte ich mir da wieder rausgesucht? Einen Lauf in einem vermutlich sehr warmen Klima über 160 km mit 7.130 Höhenmetern bergauf und das gleiche wieder bergab, in einem so fremden Land. Mit jedem Tag, der dem Start näher rückte, wuchsen auch die Zweifel.

Start und Ziel war der Ort Asenovgrad in Zentralbulgarien, dem man ansieht, dass er mal eine Blütezeit hatte, die aber schon einige Jahrzehnte her ist – kein vielbesuchter bulgarischer Touristenort am Schwarzen Meer. Vieles steht hier leer oder verfällt zusehends und scheint einfach vergessen. Für meine Frau Ina war es eine Zeitreise zurück zu den “Ostblockzeiten”, die sie noch gut aus ihrer DDR-Jugendzeit kannte.

Wie schon so oft sollten wir das Abenteuer aber nicht alleine meistern, sondern unsere guten Freunde aus Wiesbaden waren mal wieder mit dabei. Während Julia G. und Ina sich auf den Support konzentrierten, wollten Anthony H. (Team Willpower) und ich den ganz langen Lauf angehen und standen als einzige Deutsche auf den 160 km am Freitag um 18 Uhr an der Startlinie. Vorher wurde vom Veranstalter die Ausrüstung kontrolliert und da es auch durch abgelegene Wälder in der Nacht ging, war eine Bärenglocke vorgeschrieben, diese soll durch ihr Gebimmel mögliche Bären verjagen.
Und dann ging es auch schon los und nach kürzester Zeit befanden wir uns auch schon auf dem ersten langen Anstieg. 1.400 Höhenmeter auf 15 km bis zum ersten von 13 Verpflegungspunkten galt es zu bewältigen.
Alle Verpflegungspunkte waren gleichermaßen gut bestückt. Es gab Wasser, Iso, Cola, Tee manchmal Kaffee, Bier (ja es gab 1.000 l Bier insgesamt), Wassermelone (sage und schreibe 1 Tonne), Zitronen, Gurke, Tomaten, Brote mit einer herzhaften Tomatenpaste, Kekse,Schokolade, Käse, Salz und vom Sponsor Doppel-Herz Magnesium, Vitamine und andere Mineralien als Brausetabletten und Pulver. Überall genug und auch bis zum Ende vorhanden.
Die Strecke führte uns  über Felssteige und durch Wälder, alles ganz ähnlich der deutschen Mittelgebirge. Das ganze war einmalig gut beschildert. Alle ca. 500 m eine Markierung die auch reflektiert. Mein GPS Gerät hätte ich nicht wirklich gebraucht, aber trotzdem sollte man zur Not den Track auf der Uhr oder Handy dabei haben.
Der Blick fiel zurück ins weite flache Land und am Gipfel des ersten Anstieges kam dann auch schon die Nacht. Wesentlich früher und schneller als derzeit in Deutschland, denn es war noch nicht mal 21 Uhr. Ab jetzt hieß es 8 Stunden Dunkelheit und nur im Schein der Stirnlampe, immer mit der Bärenglocke um den Hals, laufen und keuchend durch die recht kalte Nacht. Bis sich die Wege von mir und Anthony trennten, da ich im Abstieg das Tempo erhöhen wollte.
Nicht schlecht staunte ich, als ich am Verpflegungsstand bei km 52 um kurz nach 3 Uhr in der Nacht meine Ina und Jule entdeckte, unsere beiden Supporter wollten sich tatsächlich die kalte Nacht im Auto um die Ohren schlagen, nur um uns anzufeuern? Und es war richtig kalt. Beim Start noch über 30 Grad, waren es jetzt lediglich nur noch 10 Grad. Zum Laufen OK, aber zum Warten und “Rumstehen” sicherlich zu kalt.
Man teilt sich solche Läufe im Kopf in kleine Ziele auf. Ich denke nie an die ganze Distanz sondern immer von Verpflegungsstand zu Verpflegungsstand oder von Ort zu Ort. Also hatte dieser Lauf für mich 13 Zwischenziele, an denen ich wohl immer wieder meine Ina und Jule sehen würde. Da sie nicht bei jedem Punkt seien konnte, hatte Ina im Vorfeld kleine Briefe geschrieben für die Punkte 40, 80, 110, 140 km, die mir Anthony alle bei Kilometer 40 übergab. Man kann für solch einen Lauf viel trainieren, aber der entscheidende Faktor ist der Kopf, wenn dieser nicht mehr will, ist es vorbei oder andersrum, wenn der Körper nicht mehr will, kann der Kopf diesen überreden. Alles eine Frage der Gedanken und so wußten die beiden Mädels um ihre Kraft, die sie uns durch solche Überraschungen gaben.

Da der Veranstalter uns mit einem Livetracker ausstattete, der die aktuelle Position sendete, konnte man uns im Internet verfolgen. So fieberten Familie, Freunde und Bekannte mit und waren permanent mit Ina in Kontakt, um meinen Zustand zu erfahren. Nicht immer ganz korrekt da dieser Tracker auf das Handynetz angewiesen war. Aber zusätzlich überträgt der Veranstalter die Zeiten an denen man einen der 13 VPs erreicht hat Live in eine Übersicht.

Beim Sonnenaufgang auf dem Berg
Das war mein nächstes kleines Ziel. Oben zu sein, wenn die Sonne aufgeht. Das wäre dann bei 75 km und die Rechnung ging auf und ich konnte einen wundervollen Sonnenaufgang genießen, ganz alleine irgendwo in den Wäldern des Rhodopen-Gebirges und ich fühlte mich gut. Naja, bis auf meine Füße. Leider wechselte ich zu spät meine Socken. Die Füße waren schon zu sehr aufgeweicht und es bahnten sich Druckstellen und Blasen an. Aber zum Glück folgte jetzt ein landschaftliches Highlight. Die “Wonder Bridges”, oder auch “Marvelous Bridges“ genannt, eine durch Erossion und den Erkyupryia Fluss erschaffenes Höhlen- / Brückenformationen aus Stein.
An diesem Punkte hatte ich etwas über die Hälfte der Strecke und schon einen Großteil der Höhenmeter geschafft. Die Müdigkeit der Nacht wich der neuen Energie nach diesem Verpflegungspunkt. Ich nahm mir etwas Zeit und wurde von unseren beiden Damen umsorgt. Sonnencreme für den Nacken und Burritos gegen den Hunger sowie ein kleiner Kaffee, weckten neue Lebensgeister. Alle Vorräte auffüllen und wappnen für den Anstieg auf den höchsten Punkt, den Persenk, der dem Lauf den Namen gab. Der Anstieg war nicht steil, nur lang, aber immer wieder gab es im Lichtungen im Wald mit tollen Blicken ins Tal und auf das Gebirge. Irgendwie hatte ich mir den Gipfel aber anders vorgestellt. Es war einfach ein bewaldeter Punkt und ich mußte schon auf mein GPS Gerät schauen, um zu sehen, dass ich wirklich oben war.

Leider nahm jetzt auch die Hitze zu, die mit jedem Abstieg ins Tal heftiger wurde.
Bei km 115 erreichte ich wieder einen Verpflegungspunkt und traf auf meine Ina, die bei meinem Anblick erschrak. Ausgelaugt durch die letzten An- und steilen Abstiege gepaart mit der Hitze und den schmerzenden Füßen, machte ich wohl einen desolaten Eindruck. Ja – ich fühlte mich auch nicht gut und beschloss, meine letzte Motivationshilfe zu aktivieren und das erste mal überhaupt bei so einem Lauf, Musik zu hören. Seit vielen Stunden war ich auch alleine unterwegs und kämpfte mich immer weiter nach vorne, ohne es aber auf eine Platzierung abgesehen zu haben. Mein persönliches Ziel lag zwar bei unter 30 Stunden, aber auch nur, damit ich nicht zu lange in der zweiten Nacht unterwegs bin.
Landschaftlich gab es immer wieder eine Abwechslung zwischen offenem Hochland mit Ausblicken und einem Lauf durch lichte Wälder. Nur selten passierten wir mal alte Hütten oder verfallene Wochenendhäuser, die auf glorreiche Zeiten zurück schließen ließen. Auch schien die Viehzucht eingeschlafen oder unrentabel geworden zu sein, denn bis auf 2 Schafs und eine Kuhherde gab es kaum Vieh und zum Glück auch keine Begegnungen mit Wölfen oder Bären.

Die letzten 17 km waren die Hölle
Den letzten Verpflegungspunkte erreichte ich mit dem letzten Tageslicht und füllte meine Speicher nochmal auf, denn es war die letzte Möglichkeit bis zum Ziel.
Immer noch voller Kraft und ohne muskulärer Probleme kämpfe ich mich den ersten der vielen kleinen Anstiege hinauf. Auf dem Höhenprofil, das wir als Abziehbild auf dem Arm trugen, gingen die nun folgenden Abstiege auf der Skalierung einfach unter. Aber es sind genau diese kleinen 100 – 200 Höhenmeter Anstiege zwischendurch, die einem zum Ende hin richtig wehtun. Und dann das: mitten im Wald stand ich vor einer Wand aus Dreck und Bäumchen, die wir erklimmen sollten. Ich fluchte so laut, dass ich wohl keine Bärenglocke mehr gebraucht hätte, um einen Bären zu vertreiben. Mit so müden Beinen versuchte ich, den Hang auf allen vieren hochzukriechen und rutschte immer wieder ab.

Viel zu früh gefreut
Die letzten 10 km ließ ich es krachen und dachte, es würde nur noch bergab gehen. Die Beine überschlugen sich förmlich im Downhill und an den ersten kleinen Gegenanstiegen lief ich sogar hoch und überholte noch Läufer. Ich schrieb Ina, dass ich bald da bin und Limo will, der Plan war jetzt ohne Pause mit Vollgas ins Ziel, eine kalte Limo und dann ein Bier.
Leider ging die Rechnung nicht auf. Der Veranstalter hatte sich ein paar Gemeinheiten überlegt und schickte uns in Schleifen immer wieder kleine Hügel rauf, bevor es noch einmal so richtig bergauf ging. Ich schrieb Ina erneut und informierte sie,  es würde doch noch länger dauern und fluchte, als ich oben auf dem Turm der Festung von Asenovgrad stand. Denn ich wusste, dass es jetzt nur im Sturzflug runter gehen konnte.
Dann war es aber auch endlich geschafft. Ich flog ins Ziel und in die Arme meiner Frau – überwältigt sank ich auf der Bank zusammen und beerdigte meine Schuhe im Müll. Das Ziel ging auf. Mit 29 Stunden und 25 Minuten war ich sogar auf Platz 4 meiner Altersklasse (hierzu zählen alle Männer ab 40) und gesamt 9. im Ziel. Nur das Bier wollte ich jetzt doch nicht mehr, sondern nur eine Dusche. Es war ein Lauf, der mir sehr viel abverlangt hat und ich möchte mich ganz dolle bei meiner Ina für die Unterstützung vor, während und nach dem Lauf bedanken, denn ohne diese Unterstützung wäre es nicht möglich gewesen.

Persenk Ultra 2018

In den paar Tagen konnten wir sicherlich nur einen kleinen Eindruck von Land und Leuten erhaschen, aber es waren sehr positive Eindrücke.  In diesem “scheinbar vergessenen europäischen Land” trafen nur auf sehr nette und hilfsbereite Menschen, konnten ein sehr gutes Essen genießen und kamen überall mit Englisch weiter. Zudem ist Bulgarien für uns auch sehr günstig zu bereisen und es gibt viel zu entdecken.

Ein paar Eckdaten
Distanzen:

  • 50 km mit 2.170 hm Start und Ziel in Orehovo (der Punkt wo die 110 km einmal und die 160 km zweimal durch kommt) am 17.08.19
  • 110 km mit 4.930 hm Start und Ziel in Asenovgrad zusammen mit den 160 km am 16.08.19 um 18 Uhr
  • 160 km mit 7.130 hm Start und Ziel in Asenovgrad am 16.08.19 um 18 Uhr
  • Kosten für Übernachtung und Essen und Trinken liegen bei ca. der Hälfte von Deutschland und bei manchen Dingen sogar darunter. 
Fazit von Holger

Ein sehr gut organisierter und markierter Lauf, mit tollen landschaftlichen Ausblicken. Bis auf ein paar Ausnahmen auch nicht all zu technisch und in weiten Teilen gut laufbar. Die Verpflegungsstellen und die Helfer sind spitze und super hilfsbereit.

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